Drei Leben im Gegenwind
Der Zeitzeugenbericht beschreibt drei spannende Lebensabschnitte. Mein Vater war seit 1946 mitten im Kalten Krieg. Ein ehemaliger StaSi-Offizier meinte sogar, er hätte ihn erfunden. Eine Meinung, die etwas schmunzelnd auch von Historikern vertreten wird. Sie begründen das damit, dass aus Gründungsunterlagen der StaSi hervorgehe, dass die Sowjets die West-Berliner KgU (Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit) als konterrevolutionären Klassenfeind zu vernichten anordneten. Den nachrichtendienstlichen Teil der KgU leitete Dr. Heinz Hoffman mit Klarnamen Dr. Heinrich von zur Mühlen, mein Vater.
Schon an die nächsten Geburtstage gedacht?
Geschenkidee: Buch gerne mit persönlicher Widmung des Autors für den Besteller oder Empfänger.
Das Buch ist auch bei AMAZON und im Buchhandel erhältlich.
Die Angst der Mutter um den Vater übertrug sich ungewollt auf mich, den damals vierjährigen Knirps. Ich begann alles, was mir in unserer Wohnumgebung ungewöhnlich erschien, Mutter mitzuteilen. Sie rief dann oft jemanden an und gab meine Beobachtungen weiter. Heute weiß ich, an wen. An den britischen Nachrichtendienst, der für Vaters Personenschutz zuständig war. Wir lebten am Kurfürstendamm 145 im britischen Sektor Berlins.
Als ich Mutter ein verdächtiges Auto meldete, das kurz vor unserem Haus die Geschwindigkeit reduziert hatte und nach Vorbeifahrt wieder beschleunigte, dann um den Block fuhr und das Manöver wiederholte (diesmal mit zwei Insassen weniger), hörte ich Mutter am Telefon sagen „Nein, das Kennzeichen habe ich nicht. Mein Sohn ist erst 4 und kann noch nicht lesen oder schreiben!“ Ich protestierte: „Aber malen, Mutti!“ und malte das Kennzeichen auf einen Zeitungsrand. Ich fand den Schnipsel zwischen Briefen in Mutters Nachlass. Das B war spiegelverkehrt und die 1 ebenfalls. Danach brachte Mutter mir Zahlen und Buchstaben bei und übte sie mit mir an vorbeifahrenden oder parkenden Autos. Mein erstes Sicherheitstraining. Der Beruf des Sicherheitsberaters lag also fast genetisch nah an meiner Wiege.
Drei Leben im Gegenwind
Das Buch schildert bislang noch nie veröffentlichte Ereignisse (auch bislang unveröffentlichte politische Hintergründe dazu), unvorstellbare Lebensumstände und berichtet unter anderem über nachrichtendienstliche Operationen aus der ersten und heißesten Phase des Kalten Krieges in Berlin von 1946 bis 1958. Heißer Kalter Krieg – das waren pro Jahr im Schnitt 50 Entführungen von Westberlinern durch die Sowjets. Nur wenige von ihnen sind je wieder aufgetaucht. An der russischen Menschenverachtung im Umgang mit Andersdenkenden hat sich bis heute nichts geändert, wie der Ukraine-Krieg beweist.
Es sind aber auch Schilderungen von Lebensumständen in der Nachkriegszeit und ungewöhnliche Einblicke in einen damals entstehenden Nachrichtendienst. Und auch bis heute noch nie so ehrlich und drastisch beschriebene Schwarzmarktaktivitäten, die teilweise Tarnung von Kurierfahrten waren.
Das Bild zeigt meinen Bruder Erik, meinen Freund Achim (7 und 8 Jahre alt) und mich (noch keine 5 Jahre).
Man sieht, dass wir keine Schuhe tragen. Wir hatten nur ein Paar für den Winter. Und das in den Trümmern des Kurfürstendamm! Wir bewegten uns wie Katzen, waren immer aufmerksam, sahen oder ahnten, wo Verletzungsgefahren herrschten und uns ist bei aller Kletterei über Steine, scharfe Eisen oder zersplitterte Fenster nie etwas zugestoßen. Und man sieht uns auf dem Bild an, dass wir glückliche und fröhliche Kinder waren.
In dieser Ruine, sie war genau gegenüber von unserem Haus, sah ich einen Mann verschwinden. Ich sah ihn nicht herauskommen, sondern kleine Rauchwolken von Zigaretten. Ich informierte Mutter. Sie rief die Kontaktnummer des britischen Geheimdiensts an, der für Vaters Personenschutz verantwortlich war. Wenig später wurde der Mann abgeführt. Er hatte unser Haus observiert.
Wie schon erwähnt wurden von den Sowjets von 1946-1951 jährlich an die 50 West-Berliner – manchmal mehr – entführt und teilweise ermordet! Nur wenige überlebten. Die Angst um den Vater schärfte meine Beobachtungsgabe.
Die in dem Zeitzeugenbericht beschriebenen Erlebnisse, Hintergründe und Episoden waren ursprünglich für Archive wie das Marburger Adelsarchiv (das auch unsere Familienchronik archiviert), das Deutsche Tagebuch-Archiv in Emmendingen und das Archiv im Haus der Geschichte in Bonn vorgesehen, um die Tatsachenberichte der Geschichtsforschung zugänglich zu machen, da mein Bericht auch noch nie veröffentlichte Hintergründe beschreibt, ungewöhnlich und die Zeit charakterisierend. Auch Verlagsarchive können es für ihre redaktionelle Arbeit bekommen. Dem Spiegel-Archiv habe ich es auf Wunsch bereits vorab zur Auswertung zur Verfügung gestellt.
2022 ist das Jahr, in dem die von zur Mühlen’sche GmbH, Deutschlands älteste unabhängige Spezialberatung für High-Tech-Sicherheit, ihr 50stes Jahr des Bestehens feiert. Zuvor hatte ich schon drei Jahre lang als Student freiberuflich Beratungsleistungen erbracht. Insofern passt alles zusammen: Das Jubiläum und der Rückblick des Zeitzeugen auf 70 ereignisreiche Jahre.
Rainer A.H. von zur Mühlen
TeMedia Verlag GmbH
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